Sonntag, 23. Mai 2010

Schwedinnen


Ulla Jacobsson wurde heute vor 81 Jahren geboren. 1952 bei der zweiten Berlinale redete jeder über sie. Da war die Zweiundzwanzigjährige für einige Sekunden in dem schwedischen Film Sie tanzte nur einen Sommer nackt gewesen. Die junge Republik war entrüstet. Vor allem kirchliche Kreise sahen hier die Geburtsstunde des Schwedenpornos. Die Moral ist bei der Kirche ja immer gut aufgehoben, das wird uns heute immer wieder vor Augen geführt. Die kirchlichen Blätter hatten damals aber auch durchaus bemerkt, dass der Filme antiklerikale Tendenzen hatte, der verknöcherte, puritanische Dorfpfarrer im Film ist ein bösartiger Mann.

Eigentlich war das ja ein schöner kleiner trauriger Film, furchtbar sentimental. Aber er bedeutete für die junge Republik viel mehr. Er prägte Stereotypen wie die Schönheiten der schwedischen Landschaft, die ewige Mittsommernacht und schöne Schwedinnen, sonnentrunken und liebebedürftig. Wie ein frischer, reiner Sommerwind weht dieser Film über die Leinwand schrieb ein Rezensent, und ein Ostberliner Kritiker urteilte, dass selbst die delikatesten Szenen... sauber, gesund und schön seien. Sauber, gesund, rein, diese Beschreibungen des Nordlichts von unvergleichbarer Schönheit schmecken immer noch ein wenig nach einem arischen Germanenkult, den man doch überwunden glaubte. Und von nun an träumten deutsche Männer von nackten Schwedinnen. Wenn Sie alles über die Rezeption des Films wissen wollen, lesen Sie hier den Aufsatz von Claudia Beindorf 'Sie tanzte nur einen Sommer': Konstruktion und Rezeption von Stereotypen.

Ulla Jacobsson hat dann noch in Bergmans Das Lächeln einer Sommernacht mitgespielt. Der Film war auch ein großer Erfolg, vor allem für Ingmar Bergman. Die weitere Filmkarriere der hübschen Schwedin ist nicht so bemerkenswert. Sie ist aus Schweden weggezogen, um nicht immer die stereotypischen hübschen Schwedinnen spielen zu müssen, aber die wirklich großen Filme blieben aus. Filmtitel Sie tanzte nur einen Sommer und Lächeln einer Sommernacht sind auch ein wenig symbolisch für ihre Karriere. Ulla Jacobsson ist früh an Krebs gestorben.

Bei ihrem Tod erinnerten die Nachrufe an ihre Filmrolle vor dreißig Jahren. Als der Koreakrieg tobte, Adenauer sich der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft anschloss und Ulbricht die Sowjetisierung der DDR einleitete, da ließ die zweiundzwanzigjährige Schwedin für einen kurzen Augenblick die eskapistischen Träume von der Mittsommernacht wahr werden. Und war sechs Sekunden lang nackt. Später sollten noch viel mehr nackte Schwedinnen in deutsche Kinos kommen, in Filmen wie Drei Schwedinnen in Oberbayern, Sechs Schwedinnen auf Ibiza, Drei Schwedinnen auf der Reeperbahn und Hurrah, die Schwedinnen sind da. Aber das waren Pornodarstellerinnen für Opas Schwedenphantasien, und aus Schweden kamen sie auch nicht.

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