Freitag, 1. Juli 2011

Seeschlacht


Irgendwie scheint der erste Juli der perfekte Tag zu sein, um Schlachten zu beginnen: La Higueruela (1431), die Seeschlacht auf der Kolberger Heide (1644), Fleurus (1690), die Sieben-Tage-Schlacht im amerikanischen Bürgerkrieg 1862, Gettysburg 1863, El-Alamein 1942. Die Kolberger Heide fällt da ein wenig heraus; der Name ist etwas irreführend, denn es ist eine Seeschlacht. Es hat einmal eine Kolberger Heide gegeben, aber das Land ist im frühen 17. Jahrhundert versunken. So wie Rungholt. Aber mit der groten Mandränke von 1362 kann man das Wegrutschen der Salzwiesen der Probstei nicht vergleichen.

Nicht einmal mit der so genannten zweiten Mandränke von 1634. 1625 ist die Heide vergangen, steht lapidar in einer alten Chronik, eine andere Quelle kennt das Datum mit dem 10. Februar 1625 etwas genauer. Und natürlich gibt es da auch noch allerlei Sagen und Erzählungen. Eine findet sich bei Karl Müllenhoff in seinen Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Das Wasser der Ostsee nördlich von dem kleinen Ort Heidkate (der neben  kleinen Orten wie Kalifornien und Brasilien liegt) ist dort verhältnismäßig flach, aber es reicht für das Navigieren von Kriegsschiffen. Auf jeden Fall im Jahre 1644. Oder auch nicht, hier kann man die gestrandeten schwedischen Kriegsschiffe sehen.

Heute meiden Schiffe die Gegend. Die Route der Fähre Kiel-Klaipeda verläuft nördlich von dem Gebiet, das heute nur dafür berühmt ist, weil man die ganze Munition des Zweiten Weltkriegs hier in die Ostsee gekippt hat. Das bot sich an, weil da, wo heute Campingplätze (und viele Mücken) sind, ein Teil des Reichkriegshafens Kiel war, Flakbatterien und all so'n Zeug. Davon kann man noch Reste entdecken. Die ganze Gegend ist da noch voll von militärischem Müll. Das heißt aber heute auf dem Truppenübungsplatz Putlos-Todendorf Hartziele, weil da drauf geballert wird. Wir haben früher in Todendorf versucht, mit den 20mm Kanonen des ➱HS-30 die Drohnen vom Himmel zu holen, die das Luftziel für das Schießen schleppten. War streng verboten, gelang aber manchmal.Vielleicht liegt da im Seegebiet Kolberger Heide auch nicht nur Munition im Wasser. Die Schweden sollen in der Seeschlacht angeblich ihre Kriegskasse über Bord geschmissen haben, aber man hat sie nie gefunden, obgleich es viele Geschichten von Fischern gibt, die versucht haben, den Schatz zu finden.Vielleicht sollten sie ➱Clive Cussler da mal ran lassen.

Eigentlich wäre die Seeschlacht, in der die Dänen die Schweden irgendwie besiegen, nicht besonders erwähnenswert. Sowohl die Dänen als auch die Schweden haben hinterher noch alle Schiffe, die Verluste an Menschenleben sind marginal klein. Aber der dänische König geht als ein Held aus der Schlacht hervor. Weil er ein Auge einbüßt. Aber weiterkämpft. Und sich das berühmte Taschentuch umbindet, das im Schloss ➱Rosenborg in dem Glaskasten ausgestellt ist. Und deshalb singen die Dänen heute immer noch als offizielle ➱Hymne Kong Christian stod ved højen mast i røg og damp. Das Bild ganz oben kennt in Dänemark jedes Schulkind, es stammt aus dem 19. Jahrhundert. Vilhelm Marstrand (oben in dem wunderbaren Portrait von Kristen Köbke) hat es gemalt. Er konnte andere Dinge und bessere Bilder malen, aber man wird ihn immer mit dem Bild von Christian IV auf seinem Schlachtschiff assoziieren.

Das Schlachtschiff heißt Trefoldighed (links, noch nicht ganz fertig), ein anderes Patientia. Und die Dänen haben auch zwei Schiffe dabei, die Oldenborg und Delmenhorst heißen. Weil die dänischen Könige immer auch die Herzöge von Oldenburg und Grafen von Delmenhorst sind. Ich glaube, Königin Margrethe führt diese Titel nicht mehr. Wer möchte schon Gräfin von einem Kaff wie Delmenhorst sein? Die Schweden geben sogar dem halben Dutzend Brander, die sie mitführen, Namen. Wie Meerman, Meerweib und Caritas. Caritas finde ich für einen Brander besonders komisch.

Der Krieg, in dem wir uns da gerade befinden, ist der so genannte Torstenssonkrieg. Der heißt nach dem  schwedischen Feldmarschall Lennart Torstensson (links), der gerade ohne Kriegserklärung das dänische Schleswig-Holstein überfallen hat. Er wird im Dreißigjährigen Krieg noch eine große Rolle spielen - und er kommt in dem Kinderbuch Das kleine Gespenst vor. Jetzt ist er erstmal der Schrecken der Dänen. Der Torstenssonkrieg geht für die Dänen nicht so siegreich aus wie die Schlacht auf der Kolberger Heide. Zumal diese so berühmte Seeschlacht überhaupt nichts bedeutet. Denn eine zweite Seeschlacht, vier Monate später, entscheidet den Krieg für die Schweden. Die Seeschlacht, in der die dänische Flotte von den Schweden (und angemieteten Holländern) so gut wie vernichtet wird, findet beinahe an der gleichen Stelle, nämlich vor Fehmarn statt. Denen fällt ja nix ein, immer wieder die gleichen Orte.

Denn 71 Jahre später (23.-24. Juli 1715) gibt es wieder eine Seeschlacht vor Fehmarn. Diesmal gewinnen die Dänen. Die Schweden fliehen in die Kieler Förde - das hatten sie 1644 auch schon gemacht. Funktioniert diesmal nicht, und die Schweden versuchen, ihre Schiffe und Kanonen vor Strande zu versenken. Hat auch nicht so ganz geklappt. Die Gegend da oben heißt heute immer noch Schwedeneck. Und sogar diese ZDF Sendung ➱Terra X - das ist für den archäologischen Film ungefähr das gleiche, was Guido Knopp für die Geschichtswissenschaft ist - hat sich des Themas angenommen. Wenn Sie die Walt Disney Version des Nordischen Krieges sehen wollen, klicken Sie den Link an. Der große Held ist der Däne Peter Wessel, der als Adelsnamen den Namen Tordenskiold wählen wird. Wir Pfeifenraucher lieben den dänischen Seehelden noch immer, weil sein Konterfei auf jeder Packung der dänischen Streichhölzer prangt. Die haben sogar eine spezielle Sorte für den Pfeifenraucher, die sind etwas länger. Anglomane Pfeifenraucher verbrennen sich da lieber die Finger mit den kurzen ➱Swan Vestas.

Der Admiral Hans Wachtmeister (nicht der berühmte Generaladmiral Hans Wachtmeister sondern sein Neffe) soll stinkewütend seinen Degen über Bord geschleudert haben, als er merkte, dass das mit der Selbstversenkung nicht geklappt hatte. Nachdem du mir solches Unglück bereitet hast, sollst du weder von mir noch jemand anderem getragen werden, soll er dabei gerufen haben. Den Degen hat man vor kurzem gefunden. Vielleicht. Auf jeden Fall hat man den vergoldeten Griff eines Degen gefunden. Und Teile des schwedischen Flaggschiffs Prinsessan Hedvig Sophia. Im Schiet von Bülk, da wo die Fäkalien von Kiel in die Ostsee gepumpt werden. Der Erfinder und Erbauer der Abwasserleitung wurde damals vom Kaiser geadelt. Die schwedische Kriegskasse aus der Schlacht auf der Kolberger Heide hat man noch nicht gefunden. Was man so alles in der Ostsee finden kann. Schwedische Kanonen von 1715 und deutsche Munition aus dem Zweiten Weltkrieg. Teile derselben hat man übrigens vor Monaten mit einer ➱Unterwassersprengung vernichtet.

Ich zünde mir erstmal mit einem Tordenskiold Sikkerhedstændstikker die Pfeife an. Das sind nicht die Streichhölzer, die von ➱Hans Christian Andersens kleinem Mädchen mit den Schwefelhölzern verkauft wurden. Diese Sicherheitsstreichhölzer sind eine schwedische Erfindung (auch wenn der Name des dänischen Nationalhelden auf der Packung steht). Schließlich hatten die Schweden mal das Zündholzmonopol. Da hatten sie den Dänen etwas voraus.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen