Freitag, 7. September 2012

Reimer Bull ✝


Er wird mir fehlen. Von Zeit zu Zeit liefen wir uns über den Weg, und dann quatschten wir eine Stunde lang. Ich konnte ihn nie dazu überreden, sich einen Computer zu kaufen, er schwärmte von den technischen Möglichkeiten seiner elektrischen Schreibmaschine. Er ist hier schon mehrfach erwähnt worden, zum ersten Mal in dem Post ➱Klaus Groth. Was nur fair war, denn schließlich war er zwanzig Jahre lang der Vorsitzende der Klaus Groth Gesellschaft. Wenige Monate später bekam er hier in dem Post ➱Germanisten sehr viel Raum. Und ein Jahr später musste ich ihn natürlich in dem Post ➱Arno Schmidt erwähnen, weil er mir gerade erzählt hatte, dass er damals einen Brief von Arno Schmidt bekommen hatte, als er ihm seine Dissertation Bauformen des Erzählens bei Arno Schmidt geschickt hatte. Davon träumten ja alle Arno Schmidt ➱Fans: Post von Arno zu bekommen. So ganz freiwillig hatte Arno Schmidt den Brief an den jungen Doktor Bull nicht geschrieben, erst auf sanften Druck seines Verlegers Ernst Krawehl hat er das hingekriegt.

Bevor Reimer Bull in Kiel studierte und bei Karl Otto Conrady promovierte, hat er in München studiert. Oder vielleicht etwas weniger studiert, er tummelte sich nämlich in der Münchener Theater- und Kabarettszene. Alle, die er damals kannte, sind noch auf dem Bildschirm berühmt geworden. Er ist Professor für Deutsche Literatur geworden (und hat sich auf die niederdeutsche Literatur spezialisiert), er hätte genau so gut Schauspieler werden können. Das können die Tausende bestätigen, die ihn bei seinen Literaturlesungen erlebt haben. Mit denen er dafür sorgte, dass das Plattdeutsche als geschriebene und gesprochene Sprache lebendig blieb. In der letzten Woche las ich noch auf einem Plakat, dass er wieder eine seiner im ganzen Land beliebten Lesungen machen würde. Aber wenige Tage später war der Termin abgesagt, und heute morgen musste ich in der Zeitung lesen, dass Reimer Bull am Mittwochabend im Alter von achtundsiebzig Jahren gestorben ist.

Der ➱Norddeutsche Rundfunk bringt heute um 21 Uhr eine Gedenksendung für Reimer Bull. Er wird im Gedächtnis seiner Hörer und Leser weiterleben, man kann noch beinahe alles von ihm kaufen, Bücher und CDs. Vergessen wird man ihn nicht.

De Welt is rein so sachen,
As leeg se deep in Drom,
Man hört ni weenn noch lachen,
Se's lisen as en Bom.


Se snackt man mank de Blœder,
As snack en Kind in Slap,
Dat sünd de Wegenleder
Vœr Köh un stille Schap.


Nu liggt dat Dörp in Dunkeln
Un Nęwel hangt dervœr,
Man hört man ęben munkeln,
As keem't vun Minschen hęr.


Man hört dat Veh int Grasen,
Un Allens is in Fręd,
Sogar en schüchtern Hasen
Sleep mi vœr de Föt.


Das wul de Himmelsfręden
Ahn Larm un Strit un Spott,
Dat is en Tid tum Będen –
Hör mi, du frame Gott!

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