Montag, 22. August 2011

Cathy Gale


Kennen Sie nicht? Das war die Vorläuferin von Emma Peel. Sie wurde gespielt von Honor Blackman. Und deshalb bekam Honor Blackman die Rolle der Pussy Galore - was für ein Name! Als James Bond ihn in der Verfilmung von Goldfinger zum ersten Mal hört, sagt er I must be dreaming. Obgleich Albert R. Broccoli und Harry Saltzman da so ihre Bedenken hatten. Zwar kannte jeder in England die Serie The Avengers, aber in Amerika kannte die kein Schwein, The Avengers kamen erst zwei Jahre nach dem Film nach Amerika. Aber Broccoli soll gesagt haben: The Brits would love her because they knew her as Mrs. Gale, the Yanks would like her because she was so good, it was a perfect combination.

Bevor sie in ihren seltsamen schwarzen Lederoutfits eine ständige sexuelle Bedrohung für den Gentleman-Agenten John Peel war (der an der Seite von Cathy Gale von einem Trenchcoat tragenden Agenten zu einem dressman der Savile Row mutierte), hatte sie einen Vertrag bei Rank. Wie Dirk Bogarde. Mit dem sie in einem Film zusammen vor der Kamera stand. Damals war sie noch für das Rollenstereotyp der English rose gebucht, jetzt bei den Avengers durfte sie etwas ganz anderes spielen. Ich weiß jetzt nicht, ob sie diese Sado-Maso Outfits für Cathy Gale (die nicht nur eine einfache Cathy Gale war, sondern auch noch einen Doktortitel hatte) auf der der Reeperbahn kauften. Bei Easy Rider auf der Reeperbahn, wo sie hervorragende Lederjacken im Antiklook hatten, gab es auch noch dies ganze Angebot, das aussah wie die abgelegten Klamotten von Honor Blackman. Ich gebe ja gerne zu, dass ich in den sixties in St Pauli gewohnt habe, war billiger Wohnraum. Und wenn man quer durch Planten und Blomen ging, kam man schnell zur Uni. Obgleich es damals kulturelle Beziehungen zwischen England und St Pauli gab (man denke nur an die Beatles), glaube ich aber nicht, dass Michael Whittaker, der costume designer von The Avengers, zum Klamottenkauf nach St Pauli kam.

Die Engländer haben ja eine lange Tradition in allen Variationen der vice anglaise, die hatten bestimmt auch Spezialgeschäfte. Zumal man das ja auch noch alles vermarkten konnte, wie die kinky boots. Cathy Gale und John Peel besangen sogar eine Schallplatte gleichen Namens. Es hielt sich damals hartnäckig das Gerücht, dass John Sutcliffe die Sachen für Cathy Gale entwarf, aber ich glaube, das stimmt nicht. Obgleich er als Designer einen nicht unterschätzenden Einfluss auf eine gewissen Mode hatte. Wenn Sie das interessiert - also, das ist jetzt ein klein wenig abseits der Mode der Savile Row - dann lesen Sie doch einmal diesen Artikel im Guardian.

Honor Blackman, die heute Geburtstag hat, war das älteste Bond Girl. Sie war so alt wie Miss Moneypenny, die aber immer älter wirkt. Blackman war sogar älter als Sean Connery (aber jünger als Patrick Macnee), aber das merkte keiner. Sie sieht keinen Tag älter aus als Shirley Eaton (das ist die Lady mit dem Goldüberzug), obgleich sie zehn Jahre älter ist als sie (sie ist auch zehn Jahre älter als das Bikini-Girl aus Dr. No). Shirley Eaton war schon früh im Filmgeschäft, wer die frühen Doctor Filme mit Dirk Bogarde wie Doctor in the House oder die späteren Carry On Filme - Höhepunkte des britischen Kinos der fünfziger Jahre - kennt, wird sich an sie erinnern. Aber seien wir ehrlich: sie ist in dem Kostüm einer Krankenschwester gut aufgehoben (oder in dem Goldlack), aber sie trägt keinen ganzen Film so wie Honor Blackman das vermag.

Das Berufsbild Bond Girl hat es in den ersten Verfilmungen noch nicht gegeben, auch nicht diesen perversen Hang der Filme, das Publikum mit immer jüngerem Frischfleisch zu füttern. Gemma Arterton war zwanzig, als sie in A Quantum of Solace zu sehen war. Das erste Bond Girl hieß Sylvia Trench, gespielt von Eunice Gayson. Allerdings wurde dieser runnning gag (Geheimagent muss schöne Frau verlassen, weil er mal eben die Welt retten muss) nach den ersten beiden Filmen aufgegeben. Eunice Gayson war genauso alt wie Honor Blackman. Und sie hatte auch in Bond-ähnlichen TV Serien wie The Avengers und The Saint mitgewirkt, wo sich damals Roger Moore als Simon Templar auf seine Rolle als James Bond Nummer Zwei vorbereitete.

Die Helden des Spionageromans sind - ebenso wie die Welten des Detektivromans und des Western - selten treusorgende Ehemänner. Das gilt für James Bond genauso wie für Philip Marlowe oder den Lone Ranger. Das galt schon für die Helden des Artusromans, dessen Struktur hinter allen spy novels steckt, der Held sollte sich auf seiner quest nicht verliegen: Êrec wente sînen lîp grôzes gemaches durch sîn wîp. die minnete er sô sêre daz er aller êre durch si einen verphlac, unz daz er sich sô gar verlac daz niemen dehein ahte ûf in gehaben mahte. Das ist jetzt nicht Ian Fleming sondern Hartmann von der Aue. Wenn sich sein Held Erec verliegt, achtet ihn niemand mehr, er verliert seine ritterliche Ehre. Diese Falle vermeidet unser James Bond geschickt. Und wenn er einmal heiratet, wird seine Frau auch umgehend gekillt. Was wahrscheinlich daran liegt, dass er mit Diana Rigg die Nachfolgerin von Honor Blackman in der Serie The Avengers geheiratet hat. Eine solche intermarriage zwischen verschiedenen Serien kann ja nicht gut gehen. Da waren die Macher von Goldfinger schlauer, denn James Bond und Pussy Galore heiraten natürlich nie, obgleich sie auf dem Bild wie ein altes Ehepaar aussehen.

James Chapman fand in seinem Buch Licence to Thrill: A Cultural History of the James Bond Films (2007) Graham Ryes Behauptung, dass Pussy Galore was a reflection of the more liberated and self-sufficient women of the Sixties etwas übertrieben sei. Finde ich eigentlich auch, und das nicht, weil mir James Chapman dies originelle Buch geschenkt hat. Aber was ist nicht alles zu dem Thema Bond und die Frauen geschrieben worden, seit Laura Mulvey ihren Aufsatz Visual Pleasure and Narrative Cinema veröffentlicht hat! Im Internet kann man niveaulose Proseminararbeiten über den Wandel des dargestellten Frauenbildes in James-Bond-Filmen lesen, andere Studis offerieren feministische Analysen (James Bond 007 "Goldfinger" - Eine Analyse anhand der feministischen Filmtheorie - Die Inzenierung und narrative Funktion der Bond-Girls) für 5.99 €. Für sechzehn Seiten ein stolzer Preis.

Ich sage dazu lieber nichts, aber Sie können natürlich Toby Millers Cultural Imperialism and James Bond's Penis (aus seinem Buch Spyscreen; Espionage on Film and TV from the 1930s to the 1960s) lesen. Toby Miller hat auch ein Buch über die Serie The Avengers geschrieben, das die Rezensentin vom New York Times Book Review folgendermaßen beschrieb: No scholarly book is complete without academic exegesis (.....) But (Miller) has enough humor to see the absurdity of submitting such a fanciful subject to turgid critique. Mostly, he lets the Avengers sell themselves, as they have done before and continue to do, renarrating choice episodes like a tireless but confident joke reteller. He knows his readers will exult no matter what he writes, because they're as smitten with the series as he is -- and have their own private fantasies about it that no theory can touch. Es beruhigt mich sehr, dass man diese Sorte Kulturkritik noch mit Humor betreiben kann. Auf jeden Fall können die Engländer das. Auch James Chapman, der mit Saints and Avengers: British Adventure Series of the 1960s auch ein schönes Buch zu diesem Thema vorgelegt hat (das man in Teilen bei Google Books lesen kann).

Am Ende des Filmes Goldfinger fragt Felix Leiter seinen Freund James Bond, wo Pussy Galore sei. Und der antwortet She is where she ought to be... at the controls. Pussy! So müssen Filme aufhören. Männer mögen die Welt retten, aber Frauen sind at the controls. Happy Birthday, Honor Blackman!



Und zum Thema Bond Girls gibt es hier noch einen netten Post.

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