Donnerstag, 18. Oktober 2012

Hartmann


Vor allem nach der Einnahme Frankreichs, war diese seltenen Jagdfliegerjacke, bei allen Mitglieger des fliegenden Personals der Deutschen Luftwaffe sehr beliebt, angefangen vom Tagjäger, Schlachtenflieger, Nachtjäger, und Beobachtern bis hin zu den Stukapiloten. Jeder Pilot mochte diese kurze adrette schnittige sportliche Jagdfliegerjacke, die auch sehr praktisch und angenehm vom Tragekomfort war. Da sie einen Reißverschluss hatte und sehr eng geschnitten war wählten die Piloten sie um sie in ihren engen Cockpits der Me 109 und FW 190. Unsere Reproduktion dieser Jacke entspricht dem Original so genau wie es eben durchführbar ist. Wir haben sogar die korrekte außergewöhnliche kleine Frontschnalle reproduziert um die äußerste Echtheit sicherzustellen. Wir Produzieren diese Jacke in Steer Hide Anelin Leder. Das ist kein Text aus einer Nazibroschüre, das ist die Katalogbeschreibung für eine Lederjacke mit dem Namen Hartmann. Der Text wurde original - wegen der äußersten Echtheit - mit allen Fehlern belassen. Hartmann ist der Luftwaffenmajor Erich Hartmann, den man aus Büchern wie Holt Hartmann vom Himmel! kennt.

Ich habe mit Jagdfliegerhelden und ➱Flugzeugen nun überhaupt nichts am Hut. Und all den Geschichten, die nach dem Krieg von angeblichen Helden erzählt wurden. Ich habe Leute gekannt, die mir erzählen wollten, dass sie im Krieg Wetterflieger über der Wüste Gobi gewesen wären (Wir waren bis unter die Tragflächen voll mit Benzin, man nannte uns die fliegenden Feuerzeuge). Der Typ des miles gloriosus stirbt nie aus. Ich war immer der Meinung, dass man der deutschen Luftwaffe nach dem Zweiten Weltkrieg nichts anderes als den Fieseler Storch hätte geben sollen. Aber zur Ehrenrettung von Erich Hartmann sollte man doch sagen, dass er sich in seiner traurigen Bundeswehrkarriere energisch gegen die Einführung des F-104G gewehrt hat. Falls Ihnen diese Zahlenkombination nichts sagt: das ist die deutsche Version des Starfighter, der bei der Luftwaffe auch den Namen Witwenmacher hatte.

Ich konnte diesem ganzen lärmenden Zeug am Himmel (dazu passt dieses Bild von ➱Franz Radziwill ganz vorzüglich) nicht entgehen, denn bei uns auf der anderen Weserseite wurde der Stolz der jungen deutschen Luftwaffe zusammengebastelt. Erst kamen, handbreit eingefettet, die F-86 Sabres auf Schuten die Weser herauf. Wurden in Lemwerder entfettet, auseinandergenommen, zusammengebaut und dann eingeflogen. Nachdem man zuvor die Motoren x-Stunden getestet hatte. Der Krach war auf unserer Uferseite nicht viel leiser als drüben. In Lemwerder kannte man sich mit all dem aus, denn wenige Jahre vorher hatte man hier den Sturzkampfbomber Ju 87 gebaut. Die Testflieger waren die Helden im Ort, viele soffen in den Hafenkneipen und erzählten tolle Geschichten. Am besten gefiel mir die Geschichte von dem Testflieger, der wegen irgendwelcher Verfehlungen entlassen worden war. Der hatte den letzten Starfighter, den er einflog, auf den Resten einer kurzen Betonlandebahn aus dem Zweiten Weltkrieg, die nur von Wiesen mit Schafen drauf umgeben war, gelandet. Eine Landung, wie auf einem Bierdeckel. Man konnte den Starfighter nicht mehr starten, man hat ihn in seine Einzelteile zerlegt und zum Flugplatz zurück transportiert.

Die Firma, die den Text da oben mit der sich selbst entlarvenden Sprache ins Internet gestellt hat, handelt mit Lederjacken, mit Nachbildungen von angeblich historischen Militärjacken. Die Firma sitzt in Ulm und heißt Noble House. Neben dem Modell Hartmann stellt die auch das Modell ➱Barkhorn her. Dieser Herr hier trägt das Modell Barkhorn. Ist er nicht cool? Was er da trägt, ist wahrscheinlich so etwas Ähnliches wie Schwarze Lederjacke Clubjacke Kriegsmarine deutsch um 1940 Offiziersjacke, was mal bei ebay angeboten wurde. Irgendwie ist dieser ganze Mummenschanz ja nur peinlich und geschmacklos, eine bizarre Karnevalsverkleidung für die ewig Gestrigen.

Und wahrscheinlich ist nix davon echt. Ich besitze dicke Photoalben aus dem Zweiten Weltkrieg, voll mit Familienphotos. Einige aus der Familie sind bei der Luftwaffe gewesen. Keiner trägt auf diesen Photos eine Jacke Modell Hartmann oder Modell Barkhorn. Machen Sie doch mal den einfachen Test und geben Erich Hartmann, Gerhard Barkhorn oder Adolf Galland bei Google (Bilder) ein. Trägt da irgendjemand Jacken, die denen der Firma aus Ulm ähnlich sehen? Also eine dieser kurzen adretten schnittigen sportlichen Jagdfliegerjacken, die auch sehr praktisch und angenehm vom Tragekomfort war?

Bei der Firma in Ulm hat man nicht nur Fliegerjacken mit den Namen deutscher Lufthelden im Angebot, natürlich dürfen die U-Boot Jacken nicht fehlen: Exakt diese Variante, wurde ausschlieslich nur an Offiziere (z.B. Korvettenkapitäne), der deutschen Kriegsmarine ausgegeben. Für das Personal von U-Booten und Kriegschiffen oder Kleinkampfverbänden, gab es die unter Sammlerkreisen bekannten Maschinisten- oder Maatlederjacken ohne Kragen. Auch viele bekannte U-Boot-Top-ASSE, wie z.B. Erich Topp (roter Teufel), Adalbert Schnee, Günter Priem (der Stier von Scapa Flow) und der Eichenlaubträger Heinrich "AJAX" Bleichrodt, trugen alle exakt diese historisch heute selten gewordene Jacke. Leider sind aus heutiger Sicht, originale WW-2 Kriegsmarine-U-Boot Waffe Lederjacken, auf dem Markt sehr selten und rar geworden. Sollte man das Glück haben und eine bekommen, dann ist sie meistens sehr klein, schlecht erhalten, oder zu teueren Auktionspreisen. Ja, da muss man für 299 Euro doch einfach zugreifen. Die sind da unten in Ulm leider etwas weit weg von der Nordsee, die wissen nicht, was ein Priem ist. Also, ihr Möchtegern-Korvettenkapitäne: der Kapitänleutnant hieß Günther Prien, nicht Priem!

Es ist ja immer nett, wenn versucht wird, um Produkte der Warenwelt einen Mythos zu weben. Bei manchen Produkten ist das aber nicht vom Erfolg gekrönt: die potthässlichen grauen Bundeswehr Fliegerjacken will niemand haben. Kann man verstehen, nicht alles, was Militär ist, ist für die Mode geeignet. Am schönsten hat das Helmut Dietl in Kir Royal persifliert. Hier sehen wir Charles Regnier als Modeschöpfer, wie er gerade Senta Berger grauenhafte Militärklamotten verkauft. Aber die Satire reicht offensichtlich nicht aus, schauen Sie doch einmal in dies ➱Madonna Video hinein.

Es scheint einen von Uniformfetischisten immer wieder neu belebten Markt für all das zu geben, Wehrmacht reenactment scheint angesagt  zu sein. Wehrmacht reenactment, wer denkt sich solchen Schwachsinn aus? Für 19,90€ kann man bei Ebay braune (wie passend!) T-Shirts kaufen, auf denen Deutsches Afrika Korps steht. Und im Internet findet sich eine Vielzahl von Shops wie ➱dieser, wo man sich ein ganzes Wehrmachtsoutfit zusammenstellen kann. Ist offensichtlich legal, solange keine Hakenkreuze drauf sind. Man weiß nicht, ob man weinen oder lachen soll. Die Firma Noble House in Ulm, die ihre zweifelhaften Produkte mit grottenolmschlechten und sachlich falschen Beschreibungen (vom falschem Deutsch ganz zu schweigen) bewirbt, hat natürlich auch eine Seite bei Facebook (und bei YouTube sind sie auch zu finden). Auf der sich begeisterte Kunden in Kreationen von Noble House präsentieren. Man wartet ja darauf, dass sie eines Tages noch Heinrich Himmlers Ledermantel nachschneidern.

Und für all diese Träger von echten Schlachtenflieger Lederjacken hätte ich zum Schluss noch ein kleines Gedicht von Randall Jarrell. Es heißt The Death of the Ball Turret Gunner:

From my mother's sleep I fell into the State,
And I hunched in its belly till my wet fur froze.
Six miles from earth, loosed from its dream of life,
I woke to black flak and the nightmare fighters.
When I died they washed me out of the turret with a hose.


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