Freitag, 1. Februar 2013

Wankelmotor


Am ersten Februar 1957 lief bei NSU der erste von Felix Wankel entwickelte Drehkolbenmotor DKM 54 auf dem Prüfstand. Bis der Wankelmotor in ein Auto kam, dauerte es noch einige Zeit. NSU stand damals selbstverständlich für die Autofabrik in Neckarsulm. Bis aus den Buchstaben NSU eine terroristische Neonazi Zelle werden sollte, sollte es auch noch einige Zeit vergehen.

Neuerdings tauchen in TV-Serien liebenswerte Relikte aus der automobilen Vergangenheit der Republik auf. Also zum Beispiel der grüne Opel Admiral, den Henning Baum in Der letzte Bulle fährt. Mein Vater hatte sich damals auch einen gekauft, aber nicht dieses fiese grüne Modell mit dem Vinyldach, sondern einen in einem eleganten Dunkelblau. Mein Vater hatte zuerst mit dem großen Borgward P 100 geliebäugelt, aber damals munkelte man schon in Bremen, dass der Untergang von ➱Carl F. Borgward kurz bevor stünde. Ich trauere dem schönen Admiral immer noch nach. Einem ➱Borgward P 100 würde ich natürlich auch noch nachtrauern. Und die Borgward Fans unter meinen Lesern lesen jetzt bitte die beiden markierten Posts.

Noch interessanter als der Admiral in Der letzte Bulle war allerdings das Fahrzeug, mit dem der Tatort Kommissar Ulrich Tukur vor drei Jahren zur Arbeit kam. Ein echter NSU Ro 80. Dass da noch einer läuft, erstaunlich. Schon als sie neu waren, waren sie häufiger in der Werkstatt als auf der Autobahn. Ro 80 Fahrer begrüßten sich, indem sie mit den Fingern anzeigten, den wievielten Motor sie drin hatten. Ich weiß das, weil ich damals NSU fuhr (lesen Sie doch diesen kleinen witzigen ➱Post) und der Hof des Bremer NSU-Händlers Will van Gels immer voll war mit reparaturbedürftigen Ro 80 Modellen. Dass der Wankelmotor grundsätzlich funktionieren kann, mussten erst die Japaner beweisen. Wenn ich das richtig sehe, baut Mazda immer noch einen Sportwagen mit Wankelmotor.

Das Beste an dem Auto war das Design. Das stammte von dem Designer Claus Luthe, der im Bereich des Automobilbaus so etwas wie Dieter Rams für das Industriedesign war. Jener Mann, der die unheimlich coolen Produkte für Braun - wie meinen ➱Schneewittchensarg - entwarf. Luthe war auch schon für das Design meines NSU Prinz verantwortlich gewesen. Da war ihm aber nicht so viel eingefallen, da hatte er sich nur bei ➱Chevrolet bedient und den auf das Format des NSU Prinz reduziert.

Gutes Design sieht man nicht, hat Claus Luthe 1998 in einem Vortrag im Focke Museum Bremen gesagt. Ich weiß nicht, ob Will van Gels damals noch lebte, der hätte das sicher gerne gehört. Ich sollte laut Vorstand nur einen 'Eyecatcher' machen. Ich sollte ein Auto entwickeln, damit die großen Firmen sehen konnten, daß man mit dem Wankelmotor auch große Autos bauen konnte. Deshalb konnte ich auch das Package selbst entwickeln. Was Luthe hier das Package nennt, ist dieses gelbe Teil, nicht etwa die Dame da hinten drauf. Die passt nun wirklich nicht zum Design.

Über Frauen in der Automobilwerbung habe ich in dem Post Mercédès schon einiges gesagt, ich zitiere daraus mal eben einen Absatz: Aber das alles war natürlich gar nichts gegen die englische Firma TVR, die 1971 bei der Earls Court Motor Show nur nackte Mädel am Verkaufsstand, oder auf ihren Sportwagen sitzend, präsentierte (das war lange bevor sie halbbekleidet bei Ferrari herumlungerten und Boxenluder hießen). Mein Bruder hatte mal einen TVR (der kam allerdings ohne nackte Beigabe), mit dem konnte man beinahe unter der Parkschranke vom Uni-Parkplatz unterdurchfahren. Aber man durfte damit nicht in einen norddeutschen Starkregen geraten, die Kinderhände großen Scheibenwischerchen schafften nix weg. Wahrscheinlich stellten sich TVR Fahrer im Regen sowieso nur nackte Frauen vor, von der Straße sah man nämlich nichts mehr. Leider konnte ich im Netz kein Bild von der Earls Court Motor Show finden, aber in dem Buch von Jörg Nimmergut 'Werben mit Sex' ist eins drin. Als das Buch 1966 erschien, wurde es von der Staatsanwaltschaft wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften nach § 184 StGB verboten. Dabei war das ein seriöses Buch. 1982 ist es dann bei Wilhelm Heyne erschienen, man kann es heute noch bei Amazon Marketplace preisgünstig finden. Inzwischen ist im Internet auch ein Photo von TVRs mit den Mädels, die sonst in der Sun auf Seite drei sind, aufgetaucht. Das ich Ihnen aus wissenschaftlicher Genauigkeit nicht verheimlichen will.

Es gab noch ein anderes Package für den Wankelmotor, das von Claus Luthe entworfen wurde. Das war der NSU Wankel Spider. Das erste Auto in Deutschland, das einen Wankelmotor hatte, an den Ro 80 dachte man bei NSU damals noch nicht. So klein er war (3,58 lang), so cool war sein Design. Angeblich schaffte er über 150 km/h. Wenn er nicht bei Will van Gels auf dem Hof stand. Bei uns in der Straße stand einer, in genau dieser Farbe. Hatte ein Klinikchef seiner Gattin geschenkt. Wurde im Ort als Nitribitt Auto en miniature verspottet, das gemeine Volk ist gnadenlos in seinem ästhetischen Urteil. Das mit en miniature stimmte schon, der Mercedes 190 SL von Rosemarie Nitribitt war immerhin siebzig Zentimeter länger.

Die Leistung des Designers Claus Luthe war bei dem Wankel Spider nicht so groß, hatte er doch nur aus dem NSU Sport Prinz Coupé ein Cabrio gemacht. Und das Design des Sport Prinz stammte nicht von ihm, das kam aus Turin von Bertone. Wo sich in den fünfziger Jahren halb Deutschland sein Design herholte (nur Carl Borgward entwarf seine ➱Isabella selbst). Unglückseligerweise hatte der Volksmund auch etwas gegen diese hübsche kleine quietscherote Italienerin. Sie bekam den Namen Facharbeiter-Porsche. Da kann man sich Designer aus Italien holen, die weltweit neueste Technologie einbauen, und dann kommt so was. Facharbeiter-Porsche. Vielleicht hätten sie in Neckarsulm bei der Präsentation nackte Mädels auf die Kühlerhaube setzen sollen.

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