Samstag, 9. März 2013

Linda Fiorentino


Ich hatte mir schon Gedanken gemacht, was aus ihr geworden sein könnte. Ich hatte sie lange nicht auf der Leinwand oder dem Bildschirm gesehen. I'm an actor-in-waiting, hat sie mal gesagt. Aber dann tauchte sie plötzlich in Men in Black wieder auf. Nein, dies ist kein Filmphoto aus Men in Black, nicht dass Sie glauben, dass Sie im falschen Film waren. Dies Photo habe ich mal in dem englischen Magazin Arena gesehen, das ich jahrelang abonniert hatte. Mode und Zeitgeist, war hervorragend. Ist auch schon Geschichte. Ich fand das Photo ziemlich schräg, aber Linda Fiorentino ist ja immer etwas schräg gewesen. Gottseidank.

Ich weiß nicht mehr, wo ich sie zum ersten Male gesehen habe. Wahrscheinlich war es in ➱Queens Logic. Einem schönen kleinen melancholischen Film, den die Kritiker viel zu wenig beachtet haben (obgleich ➱Roger Ebert dem Film durchaus positiv gesonnen war). In dem Film war Linda auch besser aufgehoben, als in dem Hochglanzprodukt The Moderns, das das Paris der ➱Lost Generation wiederbeleben sollte. Nein, Linda Fiorentino ist definitiv etwas für diese kleinen schrägen Filme.

Abgesehen davon, dass sie natürlich wahnsinnig sexy ist. Ich habe auf einer Seite von ➱Paul Divjak, auf der sich Filmkritiker ihre verbalen Versatzstücke aussuchen können, den schönen Satz gefunden: verglichen mit linda fiorentino ist sharon stone ein zahmes schneewittchen. Im Original lautete der Satz, der dem Filmkritiker des Playboy anlässlich des Filmes The Last Seduction eingefallen war: Verglichen mit Linda Fiorentino war Sharon Stones 'Basic Instinct'-Amazone ein zahmes Schneewittchen. Sie hat viel Beifall für diesen Neo-Noir Film The Last Seduction bekommen, aber an einen Oscar war nicht zu denken: They're my favorite two words these days: Oscar reject. Vielleicht nicht deshalb, weil sie so herrlich verworfen daherkommt - obgleich das im ach so moralischen Amerika sicher auch eine Rolle spielte. So wunderbare Szenen wie diese hier schreien ja schon beinahe nach moralischer Entrüstung:

BRIDGET: Could you leave, please?
MIKE: I haven’t finished charming you yet.
BRIDGET: You haven’t started.
MIKE: Give me a chance.
BRIDGET: Look, go find yourself a nice little cowgirl and make nice little cow babies and leave me alone.
MIKE: I’m hung like a horse… Think about it.
BRIDGET: Let’s see.
MIKE: Excuse me?
BRIDGET: Mr. Ed, let’s see….I believe what we’re looking for is a certain horse-like quality?

Dass der Film nicht für den Oscar in Frage kam, hat einen einfachen juristischen Grund. Um für einen Academy Award nominiert zu werden, muss ein Film zuvor im Kino gelaufen sein. The Last Seduction lief im Fernsehen bei HBO. Und natürlich ist dieses Photo nicht aus The Last Seduction, das stammt aus dem Designer-Thriller Jade. Ist aber in Deutschland genau wie The Last Seduction ab sechzehn Jahren freigegeben. Ich mag William Friedkins Jade nicht, weil alles zu kalkuliert kühl ist. Weil Hollywood hier offensichtlich in einem Genre Kasse machen will, das in höflicher Umschreibung erotic thriller heißt.

Ein Genre, das für Hugh Hefner Gespielinnen wie Shannon Tweed (und wie die Damen aus dem Bunny Käfig alle heißen: Shannon Whirry, Tanya Roberts, Kim Dawson, you name them) erfunden wurde. Aber was für die centerfold Marzipanschweinchen gut ist, reicht meistens nicht für die Leinwand, also landet es im Kabelfernsehen. Doch dass mit den leicht schmuddeligen erotic B-pictures Geld zu verdienen ist, hatte man auch in Hollywood gemerkt. Deshalb bekamen wir Filme wie 9½ Weeks und Basic Instinct (für den Fiorentino auch im Gespräch war) serviert, die wahre Geldmaschinen waren. Aber grottenolmschlechtes Kino.

Zwei Jahre nach dem Erfolg von Men in Black war Linda Fiorentino wieder in einem wirklich schrägen Film zu sehen, Kevin Smiths Dogma. Für diejenigen, die eine Kopie von seinem Meisterwerk ➱Clerks besitzen, brauche ich über Kevin Smith nichts zu sagen. Dogma ist ein Film, der bestimmt nicht im Vatikan laufen wird. Es sei denn, Robbie Coltrane wird Papst. Und so urteilte das Nachschlagewerk mit dem anspruchsvollen Titel Lexikon des Internationalen Films (bei dem man immer merkt, dass die katholische Kirche mitschreibt): Eine unausgegorene Mischung aus gescheiten bis albernen, teils auch geschmacklosen Gags, vulgären Beimischungen in den Dialogen bis hin zu zahllosen cineastischen Verweisen und Anspielungen auf theologische Fragen. Seine Wirkung bezieht der Film eher aus dem oberflächlichen Gag-Feuerwerk als aus den wenigen Ansätzen zur ernsthaften Auseinandersetzung mit der Frage nach Gott und dem Sinn des Lebens. Danke dafür.

Linda Fiorentino hat heute Geburtstag. Das mit dem Geburtstag weiß man, ansonsten hält sie ihr Privatleben privat. Das finde ich sehr sympathisch. Auf diesem Photo von Vanity Fair ist sie zur Hälfte mit einem langen schwarzen, beinahe durchsichtigen Rock bekleidet. Aber irgendwie schafft sie es wieder, so richtig verworfenen auszusehen. Happy Birthday. Many happy returns. Und viele gute Filme. Schräge Filme.

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