Sonntag, 7. April 2013

Flora Tristan


Dies hier ist die Illustration von Paul Gauguin zu dem berühmten Gedicht Le ciel est par-dessus le toit von Paul Verlaine. Das Gedicht ist von Gauguin oben mit in das Bild hinein geschrieben. Falls Sie zufälligerweise zu diesem Gedicht eine (oder mehrere) englische Übersetzungen brauchen sollten, dann schauen Sie sich doch diese interessante ➱Seite einmal an.

Le ciel est, par-dessus le toit,
Si bleu, si calme !
Un arbre, par-dessus le toit,
Berce sa palme.

La cloche, dans le ciel qu'on voit,
Doucement tinte.
Un oiseau sur l'arbre qu'on voit
Chante sa plainte.


Mon Dieu, mon Dieu, la vie est là
Simple et tranquille.
Cette paisible rumeur-là
Vient de la ville.

Qu'as-tu fait, ô toi que voilà
Pleurant sans cesse,
Dis, qu'as-tu fait, toi que voilà,
De ta jeunesse ?

Ich habe natürlich auch eine deutsche Übersetzung, sogar eine berühmte. Sie ist von ➱Wolf Graf von Kalckreuth, der neben Verlaine auch ➱Baudelaire übersetzt hat.

Es glänzt der Himmel über dem Dach 
so blau, so stille. 
Ein Baum wiegt draußen über dem Dach 
der Blätter Fülle.

Eine Glocke im Himmel, den du siehst, 
hörst sanft du klingen, 
einen Vogel auf dem Baum, den du siehst, 
seine Klage singen.

Mein Gott! Mein Gott! Das Leben fließt dort 
ohne Leiden und Härmen, 
vom Städtchen kommt mir herüber dort 
ein friedliches Lärmen. 

Und du dort, der weint bei Tag und Nacht 
in schmerzlicher Klage, 
o sage mir du dort, wie hast du verbracht 
deine jungen Tage?

Und dann habe ich für die Philippe Jaroussky Fans unter meinen Lesern (nein, ich habe die nicht vergessen) ➱hier noch ein Schmankerl. Als Jaroussky das Lied bei einem Liederabend vor zwei Jahren in Köln sang, gab es ein Programmheft, in dem sich die köstlichen Sätze fanden: Bitte beachten Sie: Ihr Husten stört Besucher und Künstler. Wir halten daher für Sie an den Garderoben Ricola-Kräuterbonbons bereit und händigen Ihnen Stofftaschentücher des Hauses Franz Sauer aus. Sollten Sie elektronische Geräte, insbesondere Handys, bei sich haben: Bitte schalten Sie diese zur Vermeidung akustischer Störungen aus. Eine wunderbar plazierte Werbung des Modehauses Sauer. Ich weiß sogar, wo das Geschäft ist. Der Laden ist übrigens auch in dem ➱Kultfilm Tote Taube in der Beethovenstraße zu sehen, achten Sie mal drauf.

Heute vor 210 Jahren wurde Flora Célestine Thérèse Henriette Tristán y Moscoso geboren. Da sie keine Dichterin war, musste ich mal eben einen Umweg gehen. Über Paul Gauguin zu Paul Verlaine. Wie ich auf Gauguin komme? Ganz einfach, er war ihr Enkel: Meine Großmutter war eine merkwürdige Frau. Sie nannte sich Flora Tristan. Proudhon sagte, daß sie genial war. Da ich sie nicht kannte, halte ich mich an Proudhon. Sie erfand eine Vielzahl sozialistischer Geschichten, unter anderem die Arbeiterunion. Die dankbaren Arbeiter errichteten ihr ein Denkmal im Friedhof von Bordeaux. Wahrscheinlich konnte sie nicht kochen. Ein sozialistischer, anarchistischer Blaustrumpf! Man schreibt ihr zusammen mit Papa Enfantin die Gründung einer Gemeinschaft, einer Religion zu: die Religion von Mapa, wobei der Gott Ma Enfantin und sie die Göttin Pa gewesen wäre. Ich kann Wahrheit und Dichtung nicht auseinanderhalten, und Ihr könnt daraus machen, was Ihr wollt. Sie starb 1844. Ihrem Sarge folgten viele Abordnungen. Immerhin kann ich mit Gewißheit behaupten, daß Flora Tristan eine hübsche und edle Dame war. Sie war mit Madame Desbordes-Valmore eng befreundet. Auch weiß ich, daß sie ihr ganzes Vermögen für die Arbeitfrage verbrauchte, da sie fortwährend auf Reisen war

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