Donnerstag, 27. Juni 2013

Dettingen


Da fliehen die Franzosen über den Main, viele ersaufen elendiglich. Heute vor 270 Jahren fand die Schlacht von Dettingen statt. Der englische König George II führte seine Truppen an... nein, das ist nicht ganz richtig. Sagen wir: er war irgendwo dabei. Zum letzten Mal in der englischen Geschichte ist ein Monarch in einer Schlacht dabei. Kann sich zu Hause malen lassen und sich Händels Dettinger Te Deum anhören. Können Sie ➱hier auch.

Die wahre Ursache ihrer Niederlage war ein unkluges Manöver von Harcourt und Grammont, die mit der französischen Gardebrigade auf dem rechten Flügel des Heeres standen. Sie verließen ohne Befehl ihre Stellung in der Absicht, dem linken Flügel der Verbündeten, der sich zum Main hinüberzog, in die Flanke zu fallen. Dadurch hinderten sie ihre eignen Batterien, die jenseits des Maines standen und den Verbündeten sehr unbequem waren, am Feuern. Die französische Garde hielt nicht einmal die erste Salve der Österreicher aus. Sie ergriff schimpflich die Flucht und stürzte sich in den Main, wo sie ertrank. Nun verbreiteten sich Mutlosigkeit und Schrecken im ganzen Heere. Prinz Ludwig von Braunschweig, der in der österreichischen Armee diente, konnte den König nur mit größter Mühe bewegen, Befehl zum Vorrücken seiner Engländer zu geben. Und doch waren sie es, die die Franzosen zur Umkehr und zum Rückzug über den Rhein zwangen.

Die Franzosen scherzten über ihren Rückzug. Man nannte diese Schlacht den 'Tag der verunglückten Stäbe', weil Harcourt und Grammont ihren Angriff nur in der Hoffnung unternommen hatten, zum Lohn ihrer Tapferkeit den Marschallsstab zu erhalten. Der französischen Garde gab man den Spottnamen 'Main-Enten'. An Noailles' Wohnung hängte man einen Degen mit der Inschrift auf: 'Du sollst nicht töten'. Freilich hätte der Marschall nicht bei seinen Batterien am andern Mainufer bleiben dürfen. Wäre er beim Heere gewesen, so hätte er der französischen Garde niemals erlaubt, so zur Unzeit anzugreifen; und hätten die Truppen ihre Stellung nicht verlassen, so hätten die Verbündeten sie niemals daraus vertreiben können.

Dem König von England trug die Schlacht bei Dettingen weiter nichts ein als Lebensmittel für seine Truppen. Die hannöversche Artillerie wurde gut bedient. Einige hannöversche und österreichische Regimenter, besonders das Regiment Styrum, zeichneten sich aus. Den größten Anteil am Siege hatte Neipperg; Prinz Ludwig von Braunschweig unterstützte ihn trefflich. Von diesem Prinzen, der Augenzeuge gewesen war, weiß ich, daß der König von England während der ganzen Schlacht zu Fuß vor seinem hannöverschen Bataillon stand, den linken Fuß zurückgesetzt, den rechten Arm mit dem Degen in der Hand ausgestreckt, etwa wie ein Fechtmeister, der einen Quartstoß ausführen will. Er gab Beweise von Tapferkeit, aber keinen Befehl für die Schlacht.


Ein Schlachtbericht, der besser als jeder Wikipedia Artikel ist. Der Verfasser ist Friedrich II, derjenige der den Österreichischen Erbfolgekrieg erst in Gang gebracht hat, als er Schlesien besetzte. Vielleicht ist er deshalb doch nicht der beste Chronist. Auch der Poet Thomas Martin, dessen Poem on the Late Action at Dettingen man damals für sechs Schilling kaufen konnte, ist niemand, der wirklich etwas über die Schlacht weiß. Man liest den Anfang: Ye Sacred Nine, your Aid once more Impart, Assist the Dictates of a British Heart ; Great George's Acts I sing my Breast inspire With Numbers lofty as those Acts require und verzichtet dankbar auf den ➱Rest. Wenn Sie glauben, das sei schon schlimm, dann lesen Sie ➱hier doch das Lob- und Heldengedicht des holländischen redlichen Patrioten Wilhelm von Haaren auf Se. Kön. Großbritt. Majestät.

Ertrinkende Franzosen, denen man den Spottnamen Main-Enten gibt, ein Schlachtfeld voller Toter. Und ein heldenhafter König. Und alles nur wegen der Lebensmittel für seine Truppen. Der englische König hat übrigens, kaum dass die Schlacht zu Ende war, auf dem Schlachtfeld opulent getafelt.

They say it was a shocking sight
After the field was won—
For many thousand bodies here
Lay rotting in the sun;
But things like that, you know, must be
After a famous victory.


Das ist aus dem vielleicht berühmtesten englischen Antikriegsgedicht, ➱After Blenheim, das Robert Southey in seiner revolutionären Phase geschrieben hat. Es handelt zwar von der Schlacht von ➱Blenheim und nicht der von Dettingen, aber das Gedicht passt immer. Vor allem die letzten Zeilen:

'But what good came of it at last?'
Quoth little Peterkin.
'Why that I cannot tell,' said he,
'But 'twas a famous victory.'

Mehr zu der Schlacht von Dettingen in dem Post ➱Hastenbeck.

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