Sonntag, 2. März 2014

Uschi Glas


Ach, war sie da niedlich. Hier auf dem Photo ist sie mit Werner Enke und der Regisseurin May Spils zu sehen. May Spils kam aus Twistringen, einem kleinen Kaff bei Bremen. Wenn man da herkommt, will man da raus. Wie May Spils. Oder Reinhold Beckmann. Obgleich es da angeblich so schön ist, es gibt sogar ein Lied auf Twistringen:

Perle, du in Niedersachsen,
Stätte schönster Fröhlichkeit,
Twistringen, ans Herz gewachsen
Bist du mir in aller Zeit.

Aber wir lassen das mal beiseite und konzentrieren uns auf diese junge Dame. Hier ist sie, wie auf dem Photo oben, bei den Dreharbeiten zu dem Spielfilm Zur Sache Schätzchen. Das vierundzwanzigjährige Schnuckelchen und die schnoddrigen Dialoge machten 1968 den Film zu einem Kultfilm. Es war nicht der erste Film von Uschi Glas. Sie hatte schon eine kleine Rolle in Der unheimliche Mönch gehabt. Und war das Halbblut Apanatschi in  Winnetou und das Halbblut Apanatschi gewesen. Zu der Zeit hatte ➱Catherine Deneuve schon La Vie de château (lesen Sie ➱hier mehr dazu), Les Demoiselles de Rochefort und Belle de Jour gedreht, das sollte man nicht vergessen. Und 1968 kam auch ➱Truffauts Baisers Volés ins Kino, der Henri Langlois (der hat ➱hier natürlich einen Post hat) gewidmet war, das war ein ganz anderes Kino.

Doch der Film Zur Sache Schätzchen, der ein wenig vom französischen Kino abgekupfert war (und ein klein ➱wenig von À bout de souffle hatte), wurde in Deutschland ein ungeahnter Erfolg, über sechs Millionen Deutsche gingen ins Kino. Ich auch. Sogar zweimal. Es gab drei Bundesfilmpreise, die Goldene Leinwand, ein goldenes BAMBI und die deutsche Nominierung für Cannes. Und Uschi Glas hatte fortan den Spitznamen Schätzchen der Nation.

Gefilmt im Sommer 1967 in München-Schwabing, war "Zur Sache, Schätzchen" einer der Erfolgsfilme des Jahres 1968 - dem Geist der Zeit entspricht der Film dabei auf so unorthodoxe, spielerische Weise, dass er ihm eigentlich schon wieder zuwider läuft: "Zur Sache, Schätzchen", das ist der federleichte Traum, die Regeln der Gesellschaft mit nichts außer Kraft zu setzen, als mit ein paar Scherzen und sinnfreien Bemerkungen (von denen es einige, so "Es wird böse enden" zum geflügelten Wort gebracht haben). Hier kommt zuerst das Wurstbrot (bei dem "die Wurst so richtig überlappt"), dann die Weltrevolution. Schreibt der Spiegel, nun wissen wir Bescheid. Das Photo hier zeigt die beiden Hauptdarsteller im letzten Jahr.

Ein Zeitzeuge hat zu dem Film gesagt: Auf seine Weise hat mich der Film wohl auch deshalb angesprochen , weil er die Ereignisse von 1968 so ganz anders auf den Punkt brachte - eben nicht mit langen Theoriedebatten. Aber alles, was Martin tut oder vor allem nicht tut, ist Auflehnung, und er hat auch noch seinen Spaß dabei. Das war natürlich kein politisches Programm, aber es drückte den Umbruch aus, den wir, die wir damals Mitte 20 waren, verspürten. Der Zeitzeuge, der hier redet, wird Jahre später am Gitterzaun des Kanzleramts rütteln und Ich will da rein brüllen. Auch für ihn gilt einer der Sprüche des Films: Es wird böse enden.

Zur Sache Schätzchen war der beste Film von Uschi Glas, was danach kam, gehört nicht gerade zu den Perlen der Filmkunst: Der Gorilla von SohoImmer Ärger mit den PaukernZur Hölle mit den PaukernDie Tote aus der ThemseVerliebte Ferien in Tirol. Wir tun uns in Deutschland schwer mit komödienhafter Leichtigkeit. Wir haben jemanden wie Curt Goetz gar nicht verdient. Man kann den Film leicht preiswert als DVD bekommen, man kann ihn sich immer noch ansehen. Gut, er hat ein wenig Patina angesetzt. Aber Uschi Glas, Werner Enke und die Filmmusik (und das BMW Cabrio) reißen alles heraus. Man darf sich natürlich zuvor nicht Richard Lester wunderbaren ➱Film The Knack …and How to Get It angesehen haben (Sie könnten jetzt noch mal eben den Post ➱Richard Lester lesen). Die DVD enthält auch noch ein sehenswertes Interview mit Werner Enke und zwei Kurzfilme (Das Portrait und Das Manöver), allein diese Extras würden den Kauf der DVD lohnen.

Ich überlasse das letzte Wort zu dem Film Zur Sache Schätzchen ➱Else Buschheuer, die in ihrem Buch Verrückt bleiben! Mein Leitfaden für freie Radikale über Strategien zur Bekämpfung von Depressionen schreibt: Ein frischer Schlafanzug wirkt manchmal Wun­der. Legen Sie eine DVD ein, nichts Neues, lieber einen vertrauten Film, über den Sie lachen oder wenigstens müde lächeln können. Für mich wäre das »Zur Sache, Schätzchen«, der hilft mir immer. Der Film ist auf illusionslose Weise lustig, er ist intelligent, aber nicht oberschlau, er ist sexy, aber frei von Kitsch. Ein kleiner Film für kleine Tage.

Uschi Glas wird heute siebzig, da gratulieren wir herzlich.

1 Kommentar:

  1. Hab ichs doch geahnt, die Apanatschi hat Geburtstag. Wieder mal ein Post, der einen zwingt, weitere 18! Klicks zu weiteren Beiträgen zu versuchen. Wieviele Querverweise gibts dann dort? He, das Wochenende ist gleich zu Ende! ;)

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