Dienstag, 18. November 2014

Amanda Lear


Den Leoparden Look liebte sie. Niemand wußte, wer sie wirklich war. Sie war entweder in Hongkong, Saigon oder Hanoi geboren. Sie war entweder Mann oder Frau, und von Beruf entweder Malerin, Moderatorin, Disco Queen, Autorin oder Schauspielerin. Es gab mal eine Zeit, da man ihren ➱Song Follow Me überall hörte. Die Sängerin hieß Amanda Lear. Aber so sicher ist man sich da auch nicht. Man konnte ihr damals nicht entkommen. Selbst wenn man nicht Follow Me im Autoradio hörte, wenn man nicht den Playboy las, tauchte sie in jedem dieser schlimmen bunten Blätter, die wir beim Zahnarzt im Wartezimmer lesen müssen, und in jeder Talkshow auf. Und nun auch noch in diesem Blog. Aber nur deshalb, weil der die Flachheit der Untiefe nicht scheut. Und weil sie heute Geburtstag hat.

Sie soll die Muse von Salvator Dali gewesen sein, der angeblich ohne das Kunstprodukt der plastischen Chirurgie nicht mehr malen konnte. Sein Modell ist ja selbst Malerin, aber sie malt so scheußliche Bilder, dass ich zögere, etwas davon abzubilden. Im Katalog der Hamburger Galerie Günter Claudius hieß es über ihre Ausstellung Between Dream and Reality im Jahr 2006:

In den Süden Frankreichs umgezogen, distanzierte sich Lear von ihren früheren Arbeiten, die sie in einem Interview als „eine kopierte, darliesque surrealistische Art von Kunst“ bezeichnete. In ihrer neuen Umgebung bezog sie sich auf vorherige Vorbilder wie die Fauvisten. Dieser Einfluss zeichnet sich deutlich in vielen ihrer Landschaften ab, die vor Farbe strotzen und bildliche Motive von Henri Matisse aufgreifen. Manche der sie bevölkernden Figuren erinnern an Paul Gauguins Darstellungen von Szenen aus Tahiti, andere eher an Wesen in Pablo Picassos Arbeiten aus den frühen 1920er Jahren. 

In der darauffolgenden dunkleren Periode reduzierte die Künstlerin ihre Palette auf vornehmlich Schwarz- und Rottöne. Tiefe verleiht ihren Arbeiten ein irisierendes Blau, mit dem sie die zwei Grundfarben hinterlegt. Martyre, Pferde und Frauenkörper durchbrechen mit dramatischer Kraft die vorgegebene Bildstruktur. […] In ihrer Faszination für den muskulösen Männerkörper malt Lear Männertorsi. Diese Bilder und das eines korinthischen Soldaten polarisieren das Oeuvre Lears zunehmend, denn sie stehen femininen Darstellungen von Zärtlichkeit und träumerischen Frauen gegenüber, sowie dem Haupt der Medusa, womöglich ein verstecktes Selbstportrait. Es gelingt Lear, in ihren eigenen Bildern Symbole zu schaffen, die zwar von ihrem eigenen Lebensweg inspiriert sind und ihren Betrachter doch zu eigenen Interpretationen einladen. Was kann man dazu noch sagen? Außer der ewigen Wahrheit, dass Papier geduldig ist? Im letzten Jahr war sie wieder in der Galerie Claudius, diesmal war der Text etwas zurückhaltender. Vielleicht sollten Sie an dieser Stelle einmal den Post ➱Marcel Duchamp lesen. Und wenn Sie noch mehr über das Geburtstagskind wissen wollen, dann klicken Sie ➱dies an.

Wir sollten nicht vergessen, dass heute noch eine weitere Kunstfigur Geburtstag hat. Die heißt Wolfgang Joop. In diesem Blog ist bisher nichts Nettes über ihn gesagt worden. So heißt es in dem Post über ➱Heinz OestergaardEr war das Wunderkind des Wirtschaftswunders, ein Berliner Couturier, der Mode für das Volk machte. Er war auch seine eigene Werbebotschaft. Er sah aber nie so schlimm aus wie Wolfgang Joop oder redete solches Blech wie Jil Sander. Wenn das da steht, dann muss es stimmen. Jil Sander hat übrigens 1997 den Preis als Sprachpanscher des Jahres des Vereins deutsche Sprache gewonnen. Wolfgang Joop war im letzten Jahr Kandidat, aber dann gewann doch ➱Ursula von der Leyen.

In dem Post über ➱Rasierwasser ist über Joop zu lesen: Manchmal kriegt man Rasierwasser geschenkt, das ist natürlich eine gefährliche Sache. Das Knize (spricht sich Kniesche aus), das mir Astrid aus Wien mitgebracht hat, war schon O.K. Vor allem hat die Flasche immer noch das Design, das Adolf Loos vor einem Jahrhundert erfunden hat.

Und nicht nur die Flasche und die Rezeptur des Inhalts, sondern auch der ganze Laden ist das Design von Loos. Und dann hatten sie in den zwanziger Jahren auch noch Ernest Dryden als Designer für die Werbung: mehr Design war nie. Aber wenn Sie nun kein Knize oder kein Penhaligon geschenkt bekommen, sondern, sagen wir mal, ein Flasche Joop? Jetzt wird es schwierig, weil man da auch mit dem Weiterverschenken nur Probleme kriegt. Aber manche Designerdüfte eignen sich vorzüglich zur Maulwurfsbekämpfung.

Amanda Lear mag der Mann, der auch ➱Stützstrümpfe designt, nicht so sehr. So sagte er vor Jahren über die Kunstfigur Madonna, die für ihn das Gegenteil von Charme war: jetzt wird sie für mich zu einer Amanda Lear, einer Transvestitin. Damals hat er auch über Heidi Klum gelästert (Sie ist der Durchschnitt in Perfektion, bis hin zu den perfekt gefärbten Locken), später saß er als Juror in ihrer Show: Wir sind Schneewitchen und Rosenrot. Heidi ist der Prinz. Falls Sie sich die ganze Zeit fragen, was die Affen im Goldrahmen im Hintergrund bei zwei Bildern von Joop sollen, dann wissen Sie offensichtlich nicht, dass Wolfgang Joop auch Maler ist. Wenn Wolfgang Joop jetzt noch singen, Amanda Lear Herrenmode entwerfen und ➱Karl Lagerfeld eine ➱Jogginghose tragen würde, dann wäre für mich die Welt perfekt.

Damit wir von diesen Zombies aus der Welt des schönen Scheins wegkommen, möchte ich noch einen Glückwunsch aussprechen. Und der geht an die französische Schauspielerin Caroline Proust, die heute auch Geburtstag hat. Sie ist nicht mit Marcel Proust verwandt, aber es erinnert mich natürlich daran, dass der Autor von À la recherche du temps perdu heute vor zweiundneunzig Jahren gestorben ist. Wenn Sie an diesem Tag etwas mehr Niveau als Amanda Lear und Konsorten haben wollen, dann geben Sie doch den Namen Marcel Proust in das Suchfeld auf dieser Seite ein. Und Jay verabschiedet sich für heute mit dem kleinen nachdenklichen Proust von Horst Janssen.













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