Montag, 20. April 2015

Elba


Irgendwie hat ihm sein kleines Reich auf Elba nicht gefallen, Fürst von Elba klingt ja auch nicht so großartig wie Kaiser von Frankreich. Bonaparte will wieder zurück nach Paris. Heute vor zweihundert Jahren erreicht er die Hauptstadt. Niemand hatte ihn aufhalten können, auch ➱Michel Ney nicht, der dem König versprochen hatte, ihm Napoleon in einem eisernen Käfig zu bringen. Historiker reden von der Herrschaft der Hundert Tage. Christian Dietrich Grabbe hat dieses Interregnum in sein Theaterstück Napoleon oder die hundert Tage (hier im ➱Volltext) hineingeschrieben.

Am Ende des kurzen Glorienscheins steht die Schlacht von Waterloo. Die kommt in diesem Blog immer wieder vor, sie könnten ➱hier schon einmal anfangen zu lesen. Ähnlich wie Napoleon ist Lord Byron ein häufiger Gast in diesem Blog. Der Bestseller unter den vielen Posts ist eindeutig ➱Lord Byrons Schuhe. Unser englischer Lord hat es nicht ausgelassen, über Napoleon zu dichten (Sie können ➱hier mehr dazu lesen). Byron fand auch das Gedicht The Field of Waterloo (hier im ➱Volltext) von seinem Dichterkollegen Sir Walter Scott gar nicht so schlecht. Andere waren nicht dieser Meinung. Auf jeden Fall der Verfasser des anonymen Vierzeilers:

On Waterloo's ensanguined plain
Full many a gallant man was slain,
But none, by sabre or by shot,
Fell half so flat as Walter Scott.

Leider müssen die Gedichte auf Napoleons Fall immer ganz lang sein, kein Dichter kann sich so kurz fassen wie Wilhelm Busch mit Eins, zwei, drei – ich zähl' herum –. Der Louis ist Napolium! Gut, ich gebe zu, dass das ein anderer ➱Napoleon ist, aber wir finden leider wenig kurze Gedichte. Auch im Deutschen nicht, da haben wir eher so etwas wie das fürchterliche Gedicht Die Rosse von Waterloo von ➱Theodor Drubisch. Wir haben auch Heines Nach Frankreich zogen zwei Grenadier', Die waren in Rußland gefangen. Das kann ich dank meines Opas auswendig, aber ich habe es schon in dem Post ➱Harry Heine abgedruckt, das gibt es jetzt nicht noch einmal.

Lord Byron verehrte (wie Heinrich Heine) Napoleon, den ich mit dem Bild von ➱Jean-Antoine Gros in seiner ganzen jugendlichen Schönheit abbilde. Als Napoleon 1814 stürzte, schrieb Byron: Out of town six days. On my return, found my poor little pagod, Napoleon, pushed off his pedestal;—the thieves are in Paris. It is his own fault. Like Milo, he would rend the oak; but it closed again, wedged his hands, and now the beasts—lion, bear, down to the dirtiest jackall—may all tear him. Und macht sich sofort daran, seine ➱Ode an Napoleon zu schreiben:

'Tis done---but yesterday a King!
And armed with Kings to strive---
And now thou art a nameless thing:
So abject---yet alive!
Is this the man of thousand thrones,
Who strewed our earth with hostile bones,
And can he thus survive?
Since he, miscalled the Morning Star,
Nor man nor fiend hath fallen so far...


Als Byron von Napoleons Marsch auf Paris hört, schreibt er: It is impossible not to be dazzled and overwhelmed by his character and career. Nothing ever so disappointed me as his abdication, and nothing could have reconciled me to him but some such revival as his recent exploit; though no one could anticipate such a complete and brilliant renovation. Und er schreibt in den Brief vom 27. März 1815 an seinen Freund Thomas Moore (der ➱hier einen Post hat) ein kleines vierzeiliges Gedicht hinein, das den Titel On Napoleon's escape from Elba hat:

Once fairly set out on his party of pleasure, 
Taking towns at his liking, and crowns at his leisure, 
From Elba to Lyons and Paris he goes, 
Making balls for the ladies, and bows to his foes.

Wenn Byron nach der Schlacht von Waterloo hört, dass Napoleon geschlagen sei, fragte er But is it true? Und sagt dann nach einer Pause: I am d----d sorry for it. Byrons Begeisterung für Napoleon (die ➱hier vorzüglich nachgezeichnet ist) ist wie eine Krankheit. Er ist nicht der einzige Nicht-Franzose, der davon befallen wird. Außer unserem Heinrich Heine ist auch Goethe ein Opfer. Der hatten nach seinem Treffen mit Napoleon geschrieben: Ich will gerne gestehen, daß mir in meinem Leben nichts Höheres und Erfreulicheres begegnen konnte, als vor dem französischen Kaiser und zwar auf eine solche Weise zu stehen. Und er wird nach Napoleons Tod Manzonis ➱Gedicht Der fünfte Mai (es ist das beste Gedicht, was über diesen Gegenstand gemacht worden) ins Deutsche übertragen. Und wenn er das deklamiert, dann verwandelt sich der alte Herr: Er war wie in einem verklärten Zustande, dabei ganz ergriffen, das Feuer blitzte aus seinen Augen.

Wenn es nach Blücher gegangen wäre, dann hätte man Napoleon hingerichtet. Aber da war wieder die romanhafte Großmuth Wellingtons dagegen, der unserem Marschall Vorwärts schrieb: Ich wünsche daher, daß mein Freund und College die Sache so ansehen möchte, wie ich es thue; ein solcher Act würde unsere Namen mit Verbrechen befleckt der Geschichte überliefern, und die Nachwelt würde von uns sagen, daß wir nicht werth gewesen wären, Napoleon’s Sieger zu sein. Außerdem würde eine solche That nutzlos sein und kann keinen Zweck haben.

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