Samstag, 16. April 2016

Culloden


Wieder einmal war ein unbekannter Ort zu einem Namen in der Weltgeschichte gekommen, diesmal zu einem übelberüchtigten. Dieser Ort hieß Kloster Zeven in der Landdrostei Stade, der aber, welcher hier seinen Lorbeeren von Fontenoy, Lawfeld und Hastenbeck die Schleife anflocht und dadurch dem greisen Vater das gramvolle Gesicht in die Hände niederdrückte, hieß William Augustus, Duke of Cumberland, der Metzger Cumberland – butcher Cumberland, wie ihn die Schotten nach seinem einzigen Siegesfelde bei Culloden nannten. Und wie Schottland ihm nachsang:
   »Mourn, hapless Caledonia, mourn!« so klang ihm jetzt ein anderer Jammerruf nach. Der aber lautete: »Weh, Niedersachsen, weh!«
     Aber es war doch ein anderes: das Schlächtermesser-Wetzen auf dem Feld bei Culloden und der Ritt, Degen in der Scheide und die Faust auf dem Federhute, vom Felde bei Hastenbeck.

Von dem schönen Wort Schlächtermesser-Wetzen redet heute niemand mehr, das konnte nur Wilhelm Raabe in seinem Roman ➱Hastenbeck tun. Heute vor 270 Jahren besiegten die Engländer die aufrührerischen Schotten bei Culloden. Es war die letzte Schlacht auf britischem Boden. Sie war sehr kurz. Militärisch ist sie nicht sehr interessant, Culloden ist nicht ➱Waterloo. Die Schotten unter dem General Lord George Murray hatten zuvor den Engländern zahlreiche Niederlagen beigebracht, weil sie mit einer Art Guerillataktik ihre Ortskenntnisse in der den Engländern unbekannten Gegend ausnutzten. Jetzt stehen sie auf diesem platten Moor, Zielscheibe für die englische Artillerie. Lord Murray hatte den Ort nicht gewollt, aber jetzt will Bonnie Prince Charlie der Feldherr sein. Das Ergebnis ist fürchterlich. Murray wird niemals wieder mit Charles Stuart reden.

Das ➱Massaker von Culloden bedeutet die Vernichtung der Highland Clans, von da an darf in Schottland kein Kilt und kein ➱Tartan mehr getragen, kein Gälisch mehr gesprochen werden. Erst 1782 wird dieser Bann aufgehoben, doch nach einer Generation sind Tartan und Kilt in Vergessenheit geraten. Ihre Renaissance werden die Schotten erst wieder durch ➱Sir Walter Scott, seine Romane und seine Sammlung von Liedern haben. Englische Generäle wie ➱Thomas Gage und ➱James Wolfe werden sich ungern daran erinnern, dass sie als junge Offiziere bei Culloden dabei waren.

Ich könnte viel mehr über Culloden schreiben, weil ich mal eine schlimme Schottland Phase hatte, in der ich den ganzen Scott gelesen habe und versucht habe, alle Tartanmuster unterscheiden zu können. Der englische Wikipedia Artikel ist nicht schlecht, und in diesem Blog gibt es zur Schlacht von Culloden den Post ➱Bonnie Prince Charlie. Und dann sollten Sie noch John Prebbles Culloden lesen. Ein Buch über das die World Socialist Web Site schrieb: 'Culloden' explained in stark and easily digestible terms, the disastrous nature of the military defeat suffered by a small tribal army that supported the reactionary 1745 Jacobite bid by Charles Edward Stuart (Bonnie Prince Charlie) to acquire the monarchy of Scotland and England. He showed the battle and its aftermath through the eyes and experiences of its ordinary participants, which at the time was quite innovative. Prebble made the reader immediately sympathise with the ordinary soldier on both sides of the conflict, but particularly with the few thousands of Highland soldiers—1, 300 of who died on the battlefield. His book reads like a novel, rather than an historical investigation, and still produces a sense of the immense hardships and agonies suffered by all concerned.

Mein Gedicht kann heute nur The Lovely Lass O’ Inverness von Robbie Burns sein. Es ist berühmt, kein geringer als ➱Beethoven hat es vertont:

The lovely lass o’ Inverness,
Nae joy nor pleasure can she see;
For, e’en to morn she cries, alas!
And aye the saut tear blin’s her e’e.

Drumossie moor, Drumossie day-
A waefu’ day it was to me!
For there I lost my father dear,
My father dear, and brethren three.

Their winding-sheet the bluidy clay,
Their graves are growin’ green to see;
And by them lies the dearest lad
That ever blest a woman’s e’e!

Now wae to thee, thou cruel lord,
A bluidy man I trow thou be;
For mony a heart thou has made sair,
That ne’er did wrang to thine or thee!

Ich habe auch eine deutsche Übersetzung, genau genommen habe ich zwei. Sie sind von zwei Zeitgenossen. Die Übersetzung von Adolf Ernst von Winterfeld finden Sie ➱hier. Ich nehme lieber die von Theodor Fontane, die er in sein Buch Jenseit des Tweed in das ➱Kapitel über Culloden eingestreut hat:

Wie freudlos ihr der Tag vergeht.
Sie schafft und spinnt und webt, indes
Ihr dunkles Äug' in Tränen steht
»Drumossie-Moor, Drumossie-Tag,
O bittrer Tag, o blut'ges Moor,
Wo kalt und starr mein Vater lag
Und ich der Brüder drei verlor.


Sie liegen tief in Sand und Blut,
Im ersten Grün die Gräber stehn,
Der beste Bursch daneben ruht,
Den Mädchenaugen je gesehn.
Weh Sieger dir, der nach der Schlacht
Noch die Geschlagnen niedertrat,
Du hast manch Herz betrübt gemacht,
Das dir doch nichts zu Leide tat.

Und als Tüpfelchen auf dem i hätte ich hier auch noch den ➱Film Culloden von Peter Watkins. Das hat mit einem Schlachtenfilm wie ➱Bondartschuks Waterloo nichts zu tun, weil es keine Stars gibt, dies ist ein Film, der schon an die Realität herankommt.

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