Dienstag, 2. Mai 2017

Spargelzeit


Ich habe da noch etwas, das vom Poetry Month übrig geblieben ist. Ist nicht ganz auf dem Niveau der Weltliteratur, hat auch nichts mit bildender Kunst zu tun. Ist aber sehr nett. Und passt in die Zeit. Also ich zum Beispiel hatte das ganze Wochenende Spargel. Mit Kartoffeln und Schinken und einer Sauce Hollandaise, geht aber auch mit zerlassener Butter. Ich mag das. Aber ich mag auch das Gedicht Spargel-Essen von dem Kabarettisten und Schrifsteller Jess Jochimsen:

Jedes Jahr um diese Zeit
gebietet es die Höflichkeit,
noch im fernsten Freundeskreise
eine jahrzeitliche Speise
zu verzehr'n gemeinschaftlich,
und das find' ich fürcherlich.

Alle Wochenenden muß
man erscheinen zum Genuß
von glibbrig-länglichem Gemüse
aus bürgerlicherster Kombüse.
Menschen, die man fast vergaß
laden ein zum Spargel-Fraß.

Jene Gewächse, die die Polen
mit Müh' aus Deutschlands Boden holen,
denn der gut' Germane sticht
seine Feld-Frucht selber nicht.
Er braucht sie nur als Schicki-Speise
und das reichlich tonnenweise.

Denn Spargel gilt als delikat
dabei schmeckt er eher fad.
Dazu kommt die Quälerei
mit der Spargel-Schälerei
und natürlich grand Malaise
mit der Soße Hollandaise.

Jedoch ohne eben diese
Soße bleibt der Spargel miese.
An sich leckere Omlette
werden zerfetzt zu Kratzettette,
dazu wird Weißwein aufgedeckt,
damit man überhaupt was schmeckt.

Weiter verlangt die Etikette,
daß man beim Essen eine nette
Figur macht und nicht sabbert,
wenn man sein Gemüse knabbert.
Schneiden läßt sich Spargel nicht,
man tunkt die Hände ins Gericht.

Und dann lutscht man diese langen,
phallisch-süßen Faser-Stangen,
würgt sie runter, kleckert munter
auf das Hemd, die Hose und der
Spargel schmeckt nicht, sondern bleibt
verklumpt im Magen und er treibt

dich auf's Klo, wo du dich gnädigst
deines Spargelsafts entledigst.
Und nun wabert im Urin
was vorher war nouvelle cuisine.
Oh welche Farbe, welch' Gerüche –
das ist der Preis der eitlen Küche.

Diese Beschimpflung des Asparagus officinalis wird nur noch übertroffen durch Martina Hill in ➱Knallerfrauen. Wenn ich das Gedicht von Jess Jochimsen im April veröffentlicht hätte, hätte ich ihm noch das schöne Gedicht ➱Spring in the Caldera von Jennifer Elise Foerster zur Seite gestellt, das ich in einem witzigen Popkultur Blog namens ➱The Rumpus fand. Und damit wir mal eben zum gewohnten hohen Niveau dieses Blogs finden, möchte ich auf einen Post zum Thema Spargel hinweisen, der mit ➱Manet anfängt und mit ➱Proust aufhört. Und in dem ganz bestimmt keine Knallerfrauen vorkommen. Klicken Sie doch mal eben➱Spargel an.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen